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Cottbus: Das Bielefeld des Ostens?

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Kürzlich stand der Vatertag vor der Tür, und wir als Familie überlegten, wie wir diesen Tag gemeinsam verbringen könnten. Nach einem kurzen Brainstorming schlug ich vor, nach Cottbus zu fahren. Obwohl ich die RE2, die von Berlin durch das Herzstück der Stadt bis nach Cottbus führt, schon oft genutzt hatte, hatte ich nie ernsthaft darüber nachgedacht, tatsächlich nach Cottbus zu reisen. Warum auch? Niemand in meinem Bekanntenkreis stammt aus dieser Stadt, und ein Besuch dort wurde nie in Betracht gezogen. Selbst mein Vater, der seit fast 30 Jahren in Berlin lebt und im Osten aufgewachsen ist, war noch nie in Cottbus gewesen. Dabei beträgt die Fahrtzeit mit der RE2 gerade einmal anderthalb Stunden. Es ist fast wie mit Bielefeld: Jeder kennt die Stadt, aber niemand war bisher dort gewesen. Also könnte man sagen, dass Cottbus das Bielefeld des Ostens ist.

Entdeckungen in Cottbus: Eine Stadt mit Überraschungen

Am Donnerstagmorgen machten wir uns also mit gepackten Rucksäcken auf den Weg und nahmen die RE2 nach Cottbus. Zu unserer Überraschung führte die Strecke der RE2 direkt am Tropical Island vorbei. Ich wusste zwar, dass man dorthin mit der Regio fahren konnte, aber dass die RE2 diese Route nahm und dass es weniger als eine Stunde von Berlin entfernt lag, überraschte mich dennoch. Mit einer Verspätung von weniger als 5 Minuten kamen wir kurz vor 11 Uhr in Cottbus an. Die Stadt mit fast 100.000 Einwohnern empfing uns mit einem überraschend großen Hauptbahnhof. Denn von diesem fahren regelmäßig zur vollen Stunde Regionalzüge in verschiedene Richtungen sowie Bus- und Straßenbahnverbindungen ab. Hier konnte man bereits den Deutschlandtakt in der freien Wildbahn erleben.

Nachdem wir den Hauptbahnhof verlassen hatten, machten wir uns zu Fuß auf den Weg in die Altstadt. Vorbei am Staatstheater erblickten wir schnell den Spremberger Turm, vermutlich das Wahrzeichen von Cottbus. Der Weg führte uns entlang einer Einkaufsstraße, an deren Ende sich der Altmarkt erstreckte. Hier, im Herzen von Cottbus, fanden wir einen großen Platz mit vielen Cafés, Restaurants und einigen Geschäften, ideal für eine Pause. Die Gebäude waren sowohl von außen als auch von innen sehr ansprechend gestaltet. Hier gönnten wir uns ein leckeres Schnitzel mit Spargel zum Mittagessen.

Cottbus Kulturelle und historische Highlights

Gestärkt machten wir uns auf den Weg zum IKMZ Cottbus, einer Universitätsbibliothek. Die Bibliothek beeindruckte nicht nur durch ihr äußeres Erscheinungsbild, sondern auch durch die Tatsache, dass hier vier Stücke der Berliner Mauer ausgestellt sind. Für mich war es eine große Überraschung, denn obwohl ich wusste, dass Teile der Berliner Mauer Berlin verlassen haben, wie zum Beispiel ein Stück, das im NATO-Hauptquartier in Brüssel landete, hätte ich nicht erwartet, dass auch Cottbus ein solches Artefakt besitzt.

Natur und Kultur im Cottbuser Branitzer Park

Wir wanderten weiter durch die Altstadt in Richtung Süden von Cottbus, genauer gesagt zum Branitzer Park. Auf dem Weg dorthin kamen wir am LEAG Energie Stadion vorbei, wo der FC Energie Cottbus seine Spiele austrägt. Ein Verein, welches für einige Jahre in der Ersten und Zweiten Bundesliga, aber nun in der der Regionalliga Nordost spielt. Die Parks, die zum Branitzer Park führten, waren wunderschön gestaltet und es machte Spaß, durch sie hindurchzulaufen. Im Branitzer Park angekommen, fiel uns besonders die Wasserpyramide und Landpyramide auf, die im 19. Jahrhundert errichtet wurden und nun als Grabstätte des Fürsten und seiner Frau dienen.

Eine kulturelle Vielfalt

Obwohl man es vielleicht nicht vermutet, ist die Sprache in dieser Region Deutschlands sehr vielfältig. Neben Deutsch wird hier auch von einer Minderheit von bis zu 30.000 Einwohnern Sorbisch sowie verschiedene sorbische Dialekte gesprochen. Cottbus befindet sich dabei mit am nördlichsten in der sorbisch gesprochenen Region. Diese erstreckt sich bis nach Sachsen, fast an die tschechische Grenze erstreckt. Sorbisch gehört zur Gruppe der westslawischen Sprachen. Diese sprachliche Vielfalt spiegelt sich auch in der Beschilderung von Städten, Straßen und Gebäuden wider, die neben Deutsch auch auf Sorbisch ausgewiesen sind. Dies konnte man zuerst schon in der Regio sehen, als die ersten Stationen vor Cottbus bzw. Chóśebuz in niedersorbisch auf neben deutsch auch auf sorbisch beschildert waren.

Kritik am öffentlichen Nahverkehr

Ein Punkt, der kritisiert werden muss, ist jedoch der öffentliche Nahverkehr. Obwohl ein scheinbar gut ausgebautes Netz von Straßenbahnen und Bussen existiert, ist die Taktfrequenz oft unzureichend. Zum Beispiel fuhr der Bus vom Tierpark zum Hauptbahnhof nur stündlich und die meisten Straßenbahnlinien nur im Halbstundentakt. Dies schränkte unsere Erkundungsmöglichkeiten deutlich ein, da wir ohne öffentliche Verkehrsmittel oder Auto, aufgrund der Anreise mit der RE2, nur zu Fuß unterwegs waren.

Fazit: Cottbus lohnt sich

Nach einem Tag voller Entdeckungen und Überraschungen in Cottbus kann ich sagen, dass die Stadt mehr zu bieten hat, als ihr Ruf vermuten lässt. Von historischen Sehenswürdigkeiten wie dem Spremberger Turm bis hin zu kulturellen Schätzen wie dem IKMZ und dem Branitzer Park als Ruheoase bietet Cottbus eine vielfältige Palette an Erlebnissen. Obwohl der öffentliche Nahverkehr Verbesserungspotenzial hat, ist ein Besuch lohnenswert, wenn auch nur für einen Tagesausflug, besonders für diejenigen, die bereits in der Region leben. Zu beginn bin ich mit der Erwartung eingegangen bin, das Cottbus, das Bielefeld des Ostens ist. Nun, nachdem ich in Cottbus war, kann ich zumindest sagen, das Cottbus womöglich nicht das Bielefeld des Ostens ist, da es offensichtlich existiert und sogar kulturelle Vielfalt bietet.